Negativzinsen untergraben das Vertrauen in Stabilität des Geldsystems
August 2019
US-Wirtschaftskrieg: Nur wenige Tage nach den vom Weißen Haus als „konstruktiv“ bezeichneten Handelsgesprächen zündete US-Präsident Trump Anfang August völlig überraschend eine neue Eskalationsstufe im Wirtschaftskrieg gegen China. Auf seine Ankündigung, chinesische Warenimporte ab dem 1. September mit neuen bzw. noch höheren Zöllen belegen zu wollen, reagierte Peking prompt mit einer deutlichen Währungsabwertung, eigenen Zollerhöhungen und der Verhängung eines US-Agrarproduktimportverbots, worauf die USA mit einer nochmaligen Anhebung ihre Zölle antworteten.
Hatte Trump noch im März 2018 selbstbewusst getwittert, dass Handelskriege „gut und leicht zu gewinnen sind“, scheint dieser angesichts der Standhaftigkeit des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping nun komplett die Nerven zu verlieren. Geradezu im Befehlston wies Trump die amerikanischen Firmen an, „sofort nach einer Alternative für China als Produktionsstandort zu suchen“, und erklärte nicht nur Präsident Xi kurzerhand zum „größten Feind“ der USA, sondern auch Fed-Chef Powell, weil dieser dessen massive Zinssenkungsforderung (100 Basispunkte!) nicht erfüllt hatte.
Angesichts dieser Entwicklungen scheint eine Einigung der beiden Großmächte im Handelskonflikt immer unwahrscheinlicher zu werden, so dass die ohnehin bereits schwächelnde Weltkonjunktur – wichtige Schlüsselindikatoren markierten erst jüngst neue Mehrjahrestiefs – nun noch weiter abrutschen dürfte.
Finanzmärkte: Während die Aktienmärkte trotz einiger Turbulenzen am Monatsende nur moderate Verluste zu verzeichnen hatten, sorgte die unter den Anleihe-Investoren ausgebrochene „Kaufpanik“ dafür, dass die Kurse der Schuldenpapiere sprichwörtlich durch die Decke gingen bzw. deren Renditen auf immer tiefere (Negativzins-)Niveaus fielen. Am Ende dieses denkwürdigen Rallye-Monats stand ein neuer Rekord, notieren doch nunmehr Anleihen im Volumen von knapp über 17.000 Mrd. USD – etwa 30 % der global ausstehenden Schuldenpapiere – im Negativzinsbereich!
Vermeintlich solide staatliche Schuldner wie Deutschland, Schweden, die Niederlande oder die Schweiz können nun sogar über alle Laufzeiten hinweg Schulden zu Negativzinsbedingungen aufnehmen, so dass Investoren bereit (bzw. gezwungen) sind, als Ergebnis ihrer „Flucht in Sicherheit“ … hohe Verluste hinzunehmen. Schließlich werden sie beispielsweise bei einer Investition in 30-jährige Bundesanleihen bei dem jetzigen Negativzins von 0,219 % p. a. und einer – von der EZB angestrebten – Inflationsrate von 2 % p. a. am Ende rund 48 % ihres investierten Kapitals verloren haben. Diese Groteske wird nur noch von der Entwicklung in dem vor nicht allzu langer Zeit noch als risikoreich geltenden Unternehmensanleihe-Segment übertroffen, wo die Investoren das negativ rentierende Volumen von „nur“ 20 Mrd. USD zu Jahresbeginn auf nunmehr über 1.100 Mrd. USD hochgetrieben haben.
Fondsmanager-Kommentar: Im August markierte der Goldpreis mit dem Durchbrechen der 1.500-USD-Marke ein Sechsjahreshoch, begleitet von einem starken Kurszuwachs bei Silber und ebenfalls deutlich weiter anziehender Kursnotierungen der Edelmetallminenaktien.
Obwohl die Edelmetallpreise seit Juni kräftig gestiegen sind, ist der Goldpreis noch deutlich von seinem im September 2011 markierten 1.895-USD-Hoch entfernt, während sich der Silberpreis noch mehr als verdoppeln und die Edelmetallminenaktienkurse sogar verdreifachen müssten, um ihre historischen Höchststände wiederzusehen.
Während eine Vielzahl von Notenbanken in den letzten Jahren als Ausdruck eines stetig wachsenden Misstrauens in die hemmungslose Geldproduktion von Fed, EZB oder der Schweizer Notenbank mit großer Konsequenz physisches Gold einsammelten, spielte das Thema Gold in den Portfolios der meisten Investoren hingegen de facto keine, oder wenn, dann nur eine minimale Rolle. Hier scheint sich allerdings nun ein Paradigmenwechsel abzuzeichnen, da der sich verfestigende Trend zu Negativzinsen das Vertrauen in die Stabilität des Geldsystems zunehmend untergräbt. Wir gehen daher davon aus, dass die Höchststände bei den Edelmetallen nicht nur erreicht, sondern in den nächsten Jahren noch weit überboten werden.
Hamburg, August 2019