Unkreative Zerstörung
April 2020
Konjunktur: Angesichts des seit März nahezu weltweit andauernden »Shutdowns« prognostiziert der IWF für 2020 eine Schrumpfung der Weltwirtschaft um »nur« 3,3 % bis 6,3 %. Wenn man sich allerdings die historisch beispiellosen Einbrüche in den einzelnen Wirtschaftssektoren anschaut und sich auch noch vergegenwärtigt, dass beispielsweise in den USA binnen nur sechs Wochen über 30 Millionen Menschen ihren Job verloren haben bzw. in Deutschland für nahezu jeden 5. Erwerbstätigen (>10 Mio.!) Kurzarbeit angemeldet wurde, erscheinen diese Erwartungen geradezu absurd optimistisch zu sein, selbst wenn die Staatengemeinschaft gerade versucht, der Krise mit gigantischen Fiskalprogrammen zu begegnen. Angesichts der nun massiv wegbrechenden Steuereinnahmen, den in den Sozialsystemen rapide anschwellenden Kosten und den bis dato 8.000 Mrd. USD schweren Rettungspaketen werden die weltweiten Staatsdefizite in einem Ausmaß explodieren, wie sonst nur zu Kriegszeiten!
Geldpolitik: Nahezu weltweit riefen die führenden Notenbanken im vorauseilenden Gehorsam ein »whatever-it-takes« aus, versprechen sie doch, die »Corona«-Defizite nun in unbegrenzter Höhe mit der Druckerpresse zu finanzieren. Dafür warf die EZB durch Aufhebung der Kaufobergrenze für Staatsanleihen nicht nur ihre eigenen Regeln über Bord, sondern ermächtigte sich obendrein auch noch, die Anleihekäufe im Rahmen ihres 750 Mrd. Euro schweren Pandemie Emergenz Purchase-QE-Programms nunmehr ohne Orientierung am Kapitalschlüssel der Notenbank vorzunehmen, womit der Einstieg in die ihr verbotene Staatsfinanzierung nun endgültig offen vollzogen wurde.
Auch Fed-Chef Powell versicherte der US-Regierung, die für 2020 mit einem Budgetdefizit von atemberaubenden 3.700 Mrd. USD plant, dass „uns das Geld niemals ausgehen wird“. Dementsprechend schwoll die Fed-Bilanz dank des ausgerufenen »QE-Unlimited« allein in den letzten sechs Wochen um über 54 % (+2.344 Mrd. USD!) Auf aktuell 6.656 Mrd. USD an. Erstmals kauft die Fad nun auch hochriskante Unternehmensanleihen (Junkbonds) auf, womit sie den Wall Street-Spekulanten de facto einen weiteren Fallout gewährte und damit mal eben auch noch den letzten Rest marktwirtschaftlicher Strukturen beerdigte.
Finanzmärkte: Allen voran reagierten die US-Aktienmärkte trotz massiv einbrechender Gewinne auf all diese Maßnahmen mit einer kräftigen (Bear-Market?)-Rallye und beendeten den Monat sogar über den Tiefstständen von 2019 – ganz so, als wäre der heftigste Wirtschaftseinbruch aller Zeiten schon so gut wie überwunden. Wie sehr die Preisbewegungen an den Finanzmärkten aber inzwischen von dem 640.000 Mrd. USD schweren Derivate-Casino dominiert werden, zeigte sich am 20. April an den Öl-Terminmärkten, als das US-Öl WTI mit Negativpreisen von bis zu -40 USD gehandelt wurde.
Fondsmanager-Kommentar: Nach unserer Einschätzung ist die an den Aktienmärkten gehandelte Hoffnung auf eine v-förmige Wirtschaftserholung nach dem »Corona-Schocker« illusionär. Der angeordnete Shutdown der Wirtschaft wird zu einer nachhaltigen – unkreativen – Zerstörung bestehender Wirtschaftsstrukturen führen, wobei die planwirtschaftlich über die Wirtschaft verteilten Hilfsmaßnahmen den angerichteten Schaden keinesfalls kompensieren können, jedoch einer weiteren Zombifizierung des Unternehmenssektors – zulasten gesunder Unternehmen – Vorschub leisten werden.
Zudem ist es für uns nur schwer vorstellbar, dass die »geschockten« Wirtschaftssubjekte wieder zu jener – krisenverstärkenden – »Normalität« zurückkehren, in der Unternehmen weiter mit just-in-time-Lieferketten, ohne Lagerbestände und unzureichenden Liquiditätspolstern operieren und sich die Bevölkerung wieder kopfüber in ihre Konsum-auf-Pump-Party stürzt.
Dem aber nicht genug wächst mit der jetzt praktizierten unlimitierten und damit hochinflationären Finanzierung der vor der völligen Zerrüttung stehenden Staatshaushalte per Druckerpresse auch noch die Gefahr, dass das heutige (marode) Kreditgeldsystem endgültig destabilisiert wird. Insofern halten wir die zuletzt von der US-Großbank Bank of America auf Sicht von 18 Monaten ausgerufene 3.000-USD-Goldpreisprognose für nicht unrealistisch.
Hamburg, April 2020