Zentralbanken: Kapitulation vor der “Normalisierung”
Juli 2019
US-Notenbank Fed: Trotz eines „robusten Ausblicks für die US-Wirtschaft“ vollzog die US-Notenbank im Juli ihre avisierte Zinssenkung (0,25 Prozentpunkte) und stoppte den Abbau der Fed-Bilanz (QT) – weit vor der einmal angedachten „Normalisierung“ – per sofort. Während die Mindesterwartungen der Finanzmärkte damit erfüllt wurden, beklagte dagegen der einen 0,5 %-Zinsschritt einfordernde US-Präsident Trump, dass die Fed die US-Wirtschaft „mal wieder hängen gelassen hat“. Zwar versuchte Fed-Chef Powell mit seinem Verweis, dass die Fed jetzt nicht den Beginn eines neuen Zinssenkungszyklus eingeläutet habe, Unabhängigkeit von Politik und Märkten zu demonstrieren, doch letztlich wird sich die US-Notenbank weder den (grenzenlosen) Finanzierungswünschen des US-Präsidenten noch dem „Alles-Blasen“-Druck der Finanzmärkte ernsthaft entgegenstellen. Realistischerweise kann es die von den Fed-Verantwortlichen jahrelang propagierte geldpolitische „Normalisierung“ in dem heutigen – völlig überschuldeten – US-Dollar-basierten Währungssystem nicht mehr geben, und nichts Anderes hat die Fed mit ihrer Kapitulation jetzt bewiesen!
EZB: Dass der EZB jegliche Zinsnormalisierungsgedanken völlig fremd sind, unterstrich zuletzt EZB-Chef Draghi. Schließlich versprach dieser doch seine ohnehin schon ultralockere Geldpolitik noch lockerer machen zu wollen, womit er die 2012 verkündete whatever-it-takes-Notstandspolitik nun de facto zu einer forever-Notstandspolitik erklärte. Angesichts der Installation von Christine Lagarde als künftige EZB-Chefin muss in der Eurozone dann sogar auch noch mit der Umsetzung geldpolitischer Extrem-Maßnahmen gerechnet werden, wurden doch unter der Regie der Noch-IWF-Chefin Arbeitspapiere veröffentlicht (Working Paper 18/191 und 19/84), in denen detailliert aufgezeigt wird, wie Zentralbanken mit der Einführung eines Wechselkurses zwischen Bargeld und Buchgeld dem Sparer jegliche Chance nehmen, sich vor der Enteignung via (extremer) Negativzinsen zu schützen.
Konjunktur: Angesichts der Tatsache, dass die Welt bereits über zehn Jahre lang mit billigem Notenbankgeld überschwemmt wurde und im Ergebnis nur ein auffällig schwacher Aufschwung inklusive Verschuldungsorgie stand, werden auch weitere geldpolitische „Lockerungsübungen“ den vom (US-)Handels- und Währungskrieg geprägten Konjunkturabschwung kaum stoppen können. Dieser nimmt unterdessen längst dramatische Züge an, sind doch viele Wirtschaftsindikatoren bereits jetzt schwächer als in der Vorkrisenzeit vom September 2007. Besonders schwer könnte es nun den Exportweltmeister Deutschland treffen, wo wichtige Schlüsselindustrien – Maschinenbau, Chemie und allen voran die Automobilindustrie – schon jetzt klare Rezessionssignale aussenden.
Aktienmärkte: Während die Aktienmärkte im Juli (noch) weiter auf der geldpolitischen Verheißungswelle ritten, hagelte es in der realen Welt … Gewinnwarnungen. In Deutschland mussten beispielsweise BASF, Lufthansa, BMW, Daimler und die Autozulieferer Continental, Schaeffler, ZF oder Leoni ihre Gewinnprognosen zusammenstreichen, während die jüngst vorgenommene kräftige Abwärtsrevision der US-Unternehmensgewinne der letzten drei Jahre nicht nur eine seit 2011 anhaltende Gewinnstagnation offenbart, sondern auch völlig überzogene Aktienkurse. Sollte sich der konjunkturelle Gegenwind weiter verschärfen, dürfte es an den Weltbörsen zu erheblichen Turbulenzen kommen.
Fondsmanager-Kommentar: Im Juli konnten sowohl der Goldpreis als auch die Goldminenaktien weitere Gewinne verzeichnen, ließen doch die Fed oder EZB klar erkennen, dass ihre geldpolitischen Experimente nochmals verschärft werden sollen. Die sich verstärkende Enteignung der Sparer über negative Realzinsen, die drohende Einführung von Negativzinsen für alle Kontoguthaben oder die unverändert anhaltenden physischen Goldkäufe vieler Notenbanken sind alles Argumente für deutlich steigende Edelmetallnotierungen. Davon sollten auch die Goldminenaktien enorm profitieren, die sich trotz kräftiger Kurszuwächse zuletzt noch knapp 70 % unter den im Jahr 2011 erreichten Höchstständen befinden.
Hamburg, Juli 2019