Zombie-Wirtschaft
April 2018
Geldpolitik/Notenbanken: Obwohl die Notenbanken im Zuge ihrer Rettung des Finanzsystems mit der Festlegung von Null- und Negativzinsen bzw. durch ihre manipulativen Eingriffe insbesondere in die Staats- und Unternehmensanleihemärkte die „Grenzen des Undenkbaren“ (BIZ-Chefvolkswirt Borio) gesprengt haben, werden die systemdestabilisierenden Konsequenzen des größten Geldexperiments der Geschichte so gut wie nie thematisiert. Stand im Jahr 2008 das mit 172.000 Mrd. USD bereits völlig überschuldete Weltfinanzsystem schon kurz vor dem Kollaps, so wird die auf nunmehr 237.000 Mrd. USD gestiegene weltweite Verschuldung als erfolgreiche Stabilisierung gefeiert. Während jedoch die weltweite Verschuldung allein im – krisenfreien – Jahr 2017 um noch niemals zuvor gesehene 21.000 Mrd. USD (!) anstieg, konnte dagegen das zum „Beweis“ der Schuldentragfähigkeit verwendete Welt-BIP, welches seit September 2014 auch noch um Prostitution, Drogenhandel, Tabakschmuggel, Schwarzarbeit, Militär-, Forschungs- und Entwicklungsausgaben künstlich „aufgeblasen“ wird, gerade einmal nur um rund 4.400 Mrd. USD zulegen.
Konjunktur: Obwohl sowohl der IWF als auch die OECD der Weltwirtschaft zuletzt weiteres Wachstum attestierten, rutschte Anfang April nicht nur der Citi Economic Surprise-Index für die Welt ins Negative, auch glaubt EZB-Chef Draghi auf Basis der „neuesten wirtschaftlichen Kennzahlen, dass der Wachstumszyklus an seinem Höhepunkt angelangt sein könnte.“ Da sich aber auch in den USA der mit 107 Monaten zweitlängste Konjunkturzyklus in der Geschichte dem Ende entgegen zu neigen scheint, wächst angesichts der teils deutlich steigenden Rohstoffpreise die Aussicht, dass die Welt nun in eine Stagflation – stagnierende Wirtschaft, steigende Inflation – hineingleiten könnte.
Aktienmärkte: Wie erwartet konnten die US-Unternehmen dank der Steuersenkung und ihrer Aktienrückkäufe (äußerst) positive Quartalsergebnisse melden. Beim Fortschreiben der US-Aktien-Erfolgsstory werden allerdings die seit Ende 2007 um fast 74% auf nunmehr 8.239 Mrd. USD explodierte Verschuldung ebenso ausgeblendet, wie deren inzwischen wieder auf dot-com-(Krisen-)Höhen gestiegene Verschuldungsgrad. Selbst die in den letzten vier Jahren im S&P 1500-Index auf 14,6% gewachsene Anzahl an Unternehmen, deren Schulden-Zinsaufwand höher ist als der 3-jährige durchschnittliche Gewinn vor Zinsen und Steuern, scheint keine Warnung zu rechtfertigen, obwohl doch mindestens diese „Zombies“ schon heute im Ergebnis der Fed-Zinswende vor großen Solvenz-Herausforderungen stehen, welche die Ratingagentur S&P zu dem Fazit veranlasste: „Schulden hoch, Insolvenzen tief – irgendetwas wird passieren!“
Doch auch global betrachtet kann der rasante Anstieg der Unternehmensverschuldung seit Ende 2007 von einst 42.000 Mrd. USD auf nunmehr 70.000 Mrd. USD nur die Alarmglocken klingeln lassen, weisen doch laut der Ratingagentur S&P inzwischen 37% (!) der globalen Unternehmen (2007: „nur“ 32%) eine äußerst bedenkliche Verschuldungssituation auf.
Fondsmanager-Kommentar: Aktuell werden die ungedeckten Zahlungsversprechen der USA für ihre Sozialsysteme auf weit über 100.000 Mrd. USD beziffert, die angesichts der jetzt in Rente gehenden Baby-Boomer-Generation in den nächsten Jahren auch zunehmend zahlungswirksam werden. Angesichts der schon jetzt desolaten US-Haushaltslage kann es nicht verwundern, dass der US-Dollar als Weltreservewährung zunehmend an Akzeptanz verliert. So hatte China der US-Dollar-Dominanz erst kürzlich mit der erfolgreichen Etablierung des Petro-Yuans den Kampf angesagt, die mit der laut angedachten Umstellung des gesamten Ölhandels auf Yuan-Basis schon bald eine Intensivierung erfahren würde. Die jüngste Forderung des türkischen Präsidenten Erdogan, dass „internationale Kredite zukünftig statt in US-Dollar besser in Gold vergeben werden sollten“ zeigt dabei währungspolitisch schon den Weg, ist doch Gold eben die einzige Reservewährung, die frei von rechtlichen und politischen Risiken ist.
Hamburg, Mai 2018